Tituliert im Programm als Theater – Performance – lecture demonstration, entpuppte sich seXtegeneration oder: wie wird man Österreicherin als Theaterstück in familiärer Atmosphäre. Wir durchleben 150 Jahre Zeitgeschichte dargeboten von und mit Jutta Schwarz. Sie ist Erzählerin, Schauspielerin und doch immer sie selbst. Mal aus der Sicht einer Protagonistin, mal als Zeitzeugin, immer als Theaterschaffende.
Sie selbst wandert auf der Bühne zwischen Schreibtisch, Sessel und einer weißen Tafeln im Hintergrund, wo auch Familienbilder hängen. Sie nimmt einen Stift und beginnt Zusammenhänge zu skizzieren. Dann springen wir wieder in die Vergangenheit und hören Geschichten vom wilden böhmischen Urgroßvater und der lieben Mutter Luise. Nach einiger Zeit hat man das Gefühl als hätte man Jutta Schwarz schon lange vor diesem Abend kennengelernt.
Das pointiert und liebevoll gestaltete Erzählkonzept spannt den Bogen zwischen Damals und Jetzt, zwischen Frauen, Männern, Geld, Krieg und Krisen. Jutta Schwarz, selbst eine Frau der 68er- Generation, nimmt uns tief in ihren eigenen Familienkonstellationen mit und konfrontiert uns schließlich mit heutigen Problemstellungen wie dem Klimawandel.
Noch ist die blühende goldene Zeit, noch sind die Tage der Rosen zitierte Jutta Schwarz in ihrem Stück.
seXtegeneration oder: wie wird man Österreicherin läuft noch bis 17. Dezember 2011 im Theater Spielraum. Vierte Wand empfiehlt!
Theater Spielraum // Jutta Schwarz // seXtegeneration
Nestroyhof// Progetto Semiserio// Mater Dolorosa
So klug wie dezent wird in den anderen Tableaus die Ohnmacht von allen Seiten beleuchtet. Ob es Trauern der antike Iokaste um ihre gefallenen Söhne Eteokles und Polyneikes oder das von tausenden Müttern in Srbenica ist – die Musik, der Tanz und die Szenerie wirken auf wunderbare Weise zusammen und machen diesen Abend zu einem ganz seltenen Erlebnis.
Shortpost// Inaugurazione Scala// Don Giovanni
Staatsoper // Peter Konwitschny // Aus einem Totenhaus
Bei der gestrigen Generalprobe tänzelte der Staatsoperndirektor Dominique Meyer ganz fröhlich durch die Menge, hielt noch ein Pläuschchen mit Dirigent Franz Welser-Möst und wirkte sehr entspannt. Kein Wunder, denn diese als Premiere verkaufte Oper von Leoš Janáček wurde Anfang Juni schon am Opernhaus Zürich aufgeführt. Korrekterweise müsst es daher Wiederaufnahme heissen. Also nichts weswegen man nervös sein müsste. Die Aufführungsreihe wird nicht einmal von Regisseur Peter Konwitschny selber betreut, sondern von einem seiner Assistenten einstudiert. Sobald das Codewort szenische Einstudierung am Programmzettel erscheint, ist immer Vorsicht geboten! So gesehen gab es diese Saison noch keine echte Premiere an der Staatsoper. Denn auch die biedere La Traviata mit Natalie Dessay als Violetta war bloß eine Koproduktion mit dem Festival d´Aix en Provence.
Max Reinhardt Seminar // R.W. Fassbinder // Anarchie in Bayern
Regie: Helene Vogel. Mit Tinka Fürst, Florian Haslinger, Tino Hillebrand, Bastian Parpan, Laurence Rupp, Michaela Schausberger und Johanna Wolff.
Volkstheater// Arthur Schnitzler// Der einsame Weg
Der einsame Weg hat Schnitzler im Jahre 1904, sieben Jahre vor Das weite Land geschrieben; betrogene Frauen, gekränkte Männer, verschwiegene Kinder und Suizid – so könnte man beide Stücke auf einen Nenner bringen. Schnitzler bleibt also auch hier seinen Themen treu. Liest man Der einsame Weg so kommt es einem weniger pointiert, zerfranster vor als Das weite Land. Die Inszenierung von Alexander Nerlich verstärkt diese kleinen Schwächen bloß. Ratlos, so scheint es, stehen die Schauspieler im quadratischen Raum, der wahlweise mit Neonröhren, ausgestopften Löwen oder auch hängenden Bäumen gefüllt ist, herum. Falls sie müde vom Stehen sind, dürfen sie sich einen Sessel holen. Auf- und Abtritte werden scheinbar überhaupt nur nach dem Kriterium Brauchen wir einen Sessel? verteilt. Sonst wird gerne auch mal ein bisschen im Eck rumgesessen.
Posthof Linz // Theatersport – Staatsmeisterschaften
Buchempfehlung // Jeffrey Eugenides // The Marriage Plot
Semperdepot // Lang/Harnoncourt // Maschinenhalle#1
Von links nach rechts: Tänzerin beim musizieren, Notenblatt des 21.Jahrhunderts, Tänzer beim musizieren, Philippe Harnoncourts strenger Blick während der Generalprobe Im Rahmen von Wien Modern kann und sollte man sich morgen die Wiederaufnahme von Maschinenhalle #1 ansehen. Diese Zusammenarbeit von Komponist Bernhard Lang, Computermusiker Winfried Ritsch, Regisseur Philippe Harnoncourt und Cheoreografin Christine Gaigg verdient wohl die Bezeichnung Gesamtkunstwerk. Ein Dutzend Tänzer sind auf Podesten im Raum verstreut, und lösen mit ihren streng getimten und koordinierten Bewegungen Licht und Musik aus.
Ein hochkomplexer technischer Prozess steckt hinter alldem: die Tänzer haben einen Bildschirm vor der Nase, sowie einen Metallsensor an ihren Füßen der mit der Bodenplatte kommuniziert, welche dann Signale an einen Computer schickt, der diese dann in ein automatisiertes Klavier pro Tänzer! sowie unzählige Scheinwerfer speist. Ich übernehme für diesen laienhaften Erklärungsversuch keinerlei Garantie, habe es ja auch nur aus zweiter Hand von einem der Tänzer.
Aber da man auch noch selber rumlaufen statt öde rumsitzen darf, könnt ihr das ja alle ohnehin morgen noch besser auskundschaften.
Absolute Empfehlung. |